Mit diesen Worten brachte die UNESCO-Sprecherin Ash Cmrk auf den Punkt, was zahlreiche Festrednerinnen und Redner aus ihrer jeweils eigenen Sicht sagten.
Schulleiterin Magdalena Singer begann den Festakt mit den Worten: "Was lange währt, wird endlich gut: Und so bin ich froh und stolz, dass wir nun in dieser Stunde sagen können: Wir haben eine Schule am Elisabeth-Block-Platz 1." Zur feierlichen Einweihung des neuen Straßennamens konnte sie zahlreiche Vertreter aus Politik, Gesellschaft und Kultur begrüßen. Bürgermeister Daniel Artmann legte mit berührenden Worten dar, dass wir nach der langen Zeit immer wieder Gesichter zu den Geschichten brauchen, um zu verstehen, was damals passierte und um auch heute ein friedvolles und respektvolles Miteinander leben und erhalten können. Dr. Thomas Nowotny, Pate unserer "Schule gegen Rassismus und Schule für Zivilcourage", erinnerte an die Brutalität, mit der Lissi und ihre Familie aus unserer Mitte gerissen wurden und mit ihnen 6 Millionen weitere unserer Mitbürger. Mit einem Gebet holte er, der den gewaltsamen Verlust des Großvaters und Onkels mit Elisabeth Block teilt, Lissi und alle Opfer des Nationalsozialismus in Gedanken zurück in unsere Mitte.
Am 17. November 1938 schreibt die Schülerin Lissi Block in ihr viel beachtetes Tagebuch: „Nun ist das von Mutti schon so lang Geahnte geschehen: Ich und auch Trudi und Arno dürfen nicht mehr zur Schule gehen. Mit furchtbar schwerem Herzen trennte ich mich von meinen lieben Mitschülerinnen.“ - den Mitschülerinnen an der Städtischen Realschule für Mädchen Rosenheim. Eine Woche zuvor, heute auf den Tag genau vor 84 Jahren, war in der Reichspogromnacht Lissis Onkel Leo von SA-Männern ermordet worden. Von da an ging der Prozess der Entrechtung und Demütigung unserer jüdischen Mitbürgerinnen Schlag auf Schlag. Er gipfelte schließlich in ihrer Millionen-fachen Ermordung.
An der Mädchenrealschule hat die Friedenserziehung und das konkrete Gedenken an unsere frühere Mitschülerin Elisabeth Block und ihr Tagebuch als eindrückliches zeitgeschichtliches Dokument seit Jahrzehnten einen festen Platz im Unterricht und in unserer Erziehung. Mit der neuen Adresse und dem ebenfalls am heutigen Tage eingeweihten Gedenkband als personalisiertes Erinnerungszeichen zeigt unsere Schule nun auch Gesicht in der Öffentlichkeit und nimmt Stellung in einer beunruhigenden sich drastisch verändernden politischen Lage. Was bedeutet aber die Verantwortung für den Frieden und den Respekt in meinem heutigen Leben? Was kann ich konkret tun, um der Verantwortung auch wirklich gerecht zu werden, dass derartige gesellschaftliche Entgleisungen, wie in der Zeit des NS-Terrors, nie wieder passieren? Selbstverständlich hilft die geschichtliche und menschliche Einordnung der damaligen Ereignisse im Unterricht für ein tieferes Verständnis. Aber Schulleiterin Singer ging in ihrer, vor allem auch an die Schülerinnen gerichteten Rede mit folgenden Gedanken noch einen Schritt weiter:
"Mir ist wichtig - liebe Schülerinnen, dass ihr neben einem messerscharfen, gebildeten Verstand und Geist auch ein gebildetes Herz habt.
Ein Tag wie dieser gibt uns einmal mehr die Möglichkeit, zum einen in die Vergangenheit zu blicken und zum anderen daraus zu lernen und mit größter Wachsamkeit durch das Leben zu gehen.
- Hinschauen, wenn Menschen ausgegrenzt werden. Und im eigenen kleinen Umfeld damit beginnen.
- Wie gehe ich mit Mitschülerinnen um?
- Bin ich wertschätzend und lasse ich andere Meinungen gelten?
- Gebe ich mir Mühe mit meinem gegenüber?
- Welche Worte wähle ich, um meine Interessen durchzusetzen?"
So kann eine mit Herz und Verstand gestaltete Erinnerungskultur zwar nichts Vergangenes ungeschehen machen, aber sie kann unsere Zukunft menschlicher gestalten!
Wolfgang Lentner